Die Arbeitswelt in Steuerkanzleien verändert sich rasant. Digitalisierung, Automatisierung und komplexere Mandantenanforderungen erhöhen die Anforderungen an Kanzleipersonal und führen dazu, dass bestehende Rollen flexibler gestaltet werden müssen. Gleichzeitig sorgt der Fachkräftemangel dafür, dass es entscheidend ist, das vorhandene Kanzleipersonal zu fördern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Steuerkanzlei zu sichern. Strategien wie Upskilling und Reskilling sind dabei zentrale Bausteine: Sie ermöglichen die Erweiterung bestehender Kompetenzen oder die Ausbildung neuer Fähigkeiten für andere Rollen innerhalb der Kanzlei.

Die Ergebnisse des Hays HR-Reports 2025 liefern wertvolle Einblicke, wie Unternehmen Mitarbeitende fit für die Zukunft machen und welche Trends im Bereich Weiterbildung aktuell relevant sind.

Was ist Upskilling und warum ist es für Kanzleipersonal relevant?

Upskilling bezeichnet die gezielte Erweiterung und Vertiefung vorhandener Fähigkeiten. In Steuerkanzleien bedeutet das beispielsweise, dass Kanzleimitarbeiter ihre Kenntnisse in Buchhaltungssoftware, digitalen Mandantenportalen oder aktuellen Steuerregelungen vertiefen. Dies steigert nicht nur die Effizienz, sondern sorgt auch dafür, dass Mitarbeitende den Anforderungen moderner Mandate gerecht werden.

Laut dem Hays HR-Report 2025 setzen derzeit 48 Prozent der Unternehmen vor allem auf Upskilling, um ihre Mitarbeitenden mit zukunftsrelevanten Qualifikationen auszustatten. Dabei profitieren ganze 46 Prozent der Belegschaft von diesen Maßnahmen. Damit ist Upskilling die meistgenutzte Strategie, gefolgt von Reskilling (27 Prozent) und Deskilling (14 Prozent).

Vorteile von Upskilling für Kanzleimitarbeiter

  • Erhöhte Jobzufriedenheit: Mitarbeitende fühlen sich kompetent und motiviert, wenn sie neue Fähigkeiten erwerben.
  • Bessere Karrierechancen: Durch den Erwerb zusätzlicher Kenntnisse steigen die Chancen auf Beförderungen oder eine Spezialisierung innerhalb der Kanzlei.
  • Arbeitsplatzsicherheit: Wer aktuelle Kompetenzen besitzt, bleibt für die Kanzlei unverzichtbar.

Vorteile von Upskilling für die Steuerkanzlei

  • Produktivitätssteigerung: Mitarbeitende arbeiten effizienter, da sie über aktuelles Fachwissen verfügen.
  • Wettbewerbsfähigkeit: Durch kontinuierlich geschulte Teams bleibt die Kanzlei flexibel und innovativ.
  • Mitarbeiterbindung: Zufriedene Mitarbeitende, die sich weiterentwickeln können, bleiben länger im Unternehmen.

Reskilling: Wenn neue Rollen in der Kanzlei entstehen

Während Upskilling bestehende Kompetenzen stärkt, bedeutet Reskilling, dass Mitarbeitende komplett neue Fähigkeiten erlernen, um andere Rollen innerhalb der Kanzlei zu übernehmen. Ein klassisches Beispiel ist der Übergang von der Buchhaltung hin zu Data Analytics oder Controlling mit KI-gestützten Tools.

Laut Hays HR-Report 2025 messen 36 Prozent der Unternehmen Reskilling eine besonders hohe Priorität bei. 27 Prozent der Mitarbeitenden profitieren derzeit von Reskilling-Maßnahmen. Besonders technologische Veränderungen (38 Prozent) und veränderte Kundenwünsche (31 Prozent) sind die Haupttreiber für Reskilling.

Vorteile von Reskilling für Kanzleipersonal

  • Berufliche Neuorientierung ohne Arbeitsplatzverlust: Mitarbeitende bleiben im Unternehmen, lernen aber neue Aufgabenfelder kennen.
  • Zukunftssicherheit: Neue Fähigkeiten sichern die Attraktivität am Arbeitsmarkt.
  • Persönliche Weiterentwicklung: Mitarbeitende entdecken Talente und Interessen, die sie vorher nicht genutzt haben.

Vorteile von Reskilling für die Steuerkanzlei

  • Flexibilität: Das Kanzleipersonal kann schnell auf neue Marktanforderungen reagieren.
  • Innovationskraft: Mitarbeitende bringen frische Perspektiven in neue Rollen ein.
  • Kostenersparnis: Interne Umschulungen sind häufig günstiger als die Rekrutierung externer Fachkräfte.

Upskilling vs. Reskilling: Wo liegen die Unterschiede?

MerkmalUpskillingReskilling
ZielBestehende Fähigkeiten erweiternNeue Fähigkeiten für andere Rolle erlernen
FokusAktuelle PositionNeue Position innerhalb der Kanzlei
DauerKurz- bis mittelfristigMittelfristig bis langfristig
BeispielNeue Steuer-Software lernenVon Buchhaltung zu Data Analytics wechseln
Vorteil für MitarbeitendeEffizienzsteigerung, KarrierefortschrittArbeitsplatzsicherheit, berufliche Neuorientierung

Welche Kompetenzen werden in der Steuerkanzlei der Zukunft benötigt?

Die Arbeitswelt in Kanzleien verändert sich rasant. Technische und digitale Fähigkeiten sind ebenso wichtig wie soziale Kompetenzen:

Technische Fähigkeiten

  • Digitale Tools und Software: DATEV, SAP, Cloud-basierte Buchhaltungssysteme
  • Datenanalyse und KI-Anwendungen: Mandantendaten effizient auswerten und Prognosen erstellen
  • Automatisierung von Routineprozessen: Effizienz steigern und Fehler reduzieren

Soft Skills

  • Kritisches Denken und Problemlösung: Komplexe steuerliche Herausforderungen erkennen und lösen
  • Kommunikation: Mandanten kompetent und klar beraten
  • Anpassungsfähigkeit: Flexibel auf neue Gesetzesänderungen oder Softwareupdates reagieren

Treiber für Weiterbildung: Technologie, KI und Kundenanforderungen

Der Hays HR-Report 2025 zeigt, dass technologische Veränderungen der größte Treiber für Weiterbildung sind.

  • Technologische Veränderungen: 48 Prozent der Befragten nennen dies als Hauptgrund für Upskilling, 38 Prozent für Reskilling.
  • Veränderte Kundenwünsche: 41 Prozent sehen hier die Notwendigkeit für Upskilling, 31 Prozent für Reskilling.
  • Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit: 33 Prozent (Upskilling) bzw. 30 Prozent (Reskilling)

Darüber hinaus rechnen 64 Prozent der Befragten damit, dass die Anforderungen an Mitarbeitende durch künstliche Intelligenz steigen, während 59 Prozent erwarten, dass Routinetätigkeiten durch KI ersetzt werden. Deskilling, also der Rückbau von Kompetenzen, wird aktuell mit 14 Prozent weniger priorisiert, könnte aber in Zukunft relevant werden.

Erfolgreiche Umsetzung von Upskilling und Reskilling in Ihrer Kanzlei

Damit Kanzleimitarbeiter die gewünschten Kompetenzen entwickeln können, ist eine strategische Herangehensweise entscheidend:

1. Analyse des Skill-Gaps

Zunächst muss festgestellt werden, welche Fähigkeiten aktuell im Team vorhanden sind und welche zukünftig benötigt werden. Hierbei können Kompetenzmatrizen oder Interviews mit Abteilungsleitern helfen.

2. Individuelle Lernpfade entwickeln

Jede:r Mitarbeitende hat unterschiedliche Vorkenntnisse und Lernpräferenzen. Personalisierte Lernpfade stellen sicher, dass jeder optimal gefördert wird.

3. Flexible Lernmethoden einsetzen

  • Digitale Lernplattformen: Online-Kurse zu Steuerrecht, Digitalisierung und KI
  • Microlearning: Kurze Lerneinheiten, die leicht in den Kanzleialltag integriert werden können
  • Blended Learning: Kombination aus Präsenz- und Online-Phasen für maximale Flexibilität

4. Führungskräfte als Vorbilder

Kanzleileitungen sollten selbst Weiterbildung aktiv vorleben, Lerninitiativen unterstützen und Erfolge anerkennen.

5. Erfolg messen

Regelmäßige Feedbackgespräche, praxisnahe Projekte und Kennzahlen zur Kompetenzentwicklung helfen, den Erfolg der Upskilling- und Reskilling-Maßnahmen zu bewerten.

Praxisbeispiel aus einer Steuerkanzlei

Thomas, ein langjähriger Sachbearbeiter, absolvierte ein 12-monatiges Reskilling-Programm:

  • Erlernte Python-Programmierung für HR- und Finanz-Analytics
  • Entwickelte Datenvisualisierungen mit Tableau
  • Implementierte Predictive Analytics für Mandantenprognosen

Er wechselte anschließend in die Position eines Data Analytics Specialists innerhalb der Kanzlei. Sein Gehalt stieg um 30 %, und er übernahm strategisch wertvolle Aufgaben, die vorher nicht möglich gewesen wären.

Herausforderungen und Lösungsansätze

HerausforderungLösungsmöglichkeiten
Zeitmangel für WeiterbildungMicrolearning, feste Lernzeiten, Blended Learning
Widerstand gegen VeränderungenTransparente Kommunikation, Erfolgsgeschichten teilen
Kosten für TrainingsInterne Schulungen, digitale Lernplattformen
Richtige Skills identifizierenSkill-Gap-Analyse, Benchmarking, Fachabteilungsbefragungen

Der Hays HR-Report hebt hervor, dass insbesondere Reskilling mit Herausforderungen verbunden ist:

  • Hoher Zeitaufwand: 46 Prozent der Befragten nennen dies als größte Hürde.
  • Finanzieller Aufwand: 35 Prozent.
  • Widerstände der Mitarbeitenden: 33 Prozent.
  • Unterbrechung der Arbeitsabläufe: 30 Prozent.
  • Fehlende Lernkultur: 27 Prozent.
  • Mangelnde Eignung: 27 Prozent.

Für die Mitarbeitenden stehen Ängste und Überforderung im Vordergrund:

  • 45 Prozent fürchten, den neuen Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
  • 39 Prozent haben Angst vor Veränderungen der Arbeitssituation (z. B. Arbeitszeiten, Arbeitsorte).
  • 36 Prozent fürchten Veränderungen in der Zusammenarbeit, etwa durch neue Teams.

Führungskräfte sollten durch transparente Kommunikation, Begleitung im Lernprozess und Etablierung einer Lernkultur Ängste abbauen.

Fazit: Upskilling und Reskilling als strategische Notwendigkeit

Die Ergebnisse des Hays HR-Reports 2025 bestätigen: Upskilling ist die dominierende Strategie, um Mitarbeitende für die Arbeitswelt der Zukunft fit zu machen, während Reskilling zunehmend an Bedeutung gewinnt. Steuerkanzleien, die klare Strategien verfolgen, individuelle Lernpfade schaffen und eine lernförderliche Kultur etablieren, sichern die Wettbewerbsfähigkeit und steigern die Motivation ihrer Kanzleimitarbeiter.

Wer jetzt in Upskilling und Reskilling investiert, legt das Fundament für eine moderne, zukunftsfähige Steuerkanzlei, in der Mitarbeitende motiviert, kompetent und flexibel arbeiten – trotz der Herausforderungen durch KI, Digitalisierung und veränderte Mandantenanforderungen.