In der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt stehen Kanzleien unter Druck, sich anzupassen und innovative Arbeitsmethoden zu integrieren. Agiles Projektmanagement und selbstverwaltete Teams bieten einen Weg, wie Kanzleien ihre Effizienz steigern und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit verbessern können. Der Fokus dieses Artikels liegt auf den Grundlagen selbstverwalteter Teams und darauf, wie Kanzleien diese Konzepte erfolgreich umsetzen können.

Was sind selbstverwaltete Teams?

Selbstverwaltete Teams, auch als autonome oder selbstorganisierte Teams bekannt, sind Gruppen von Fachleuten, die die Verantwortung für ihre eigenen Arbeitsprozesse, Entscheidungen und Ergebnisse übernehmen. Im Gegensatz zu traditionellen Teams, bei denen Entscheidungen oft von einer Führungskraft getroffen werden, arbeiten selbstverwaltete Teams weitgehend unabhängig. Sie sind in der Lage, ihre eigenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufe zu definieren und anzupassen, um ihre Ziele zu erreichen.

Ein entscheidendes Merkmal selbstverwalteter Teams ist ihre Autonomie. Die Teammitglieder übernehmen gemeinsam die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Überprüfung ihrer Arbeit. Sie treffen Entscheidungen kollektiv und ohne unmittelbare Aufsicht durch Vorgesetzte. Diese Art der Selbstorganisation fördert ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Vertrauen, da jedes Mitglied aktiv an der Gestaltung der Teamarbeit beteiligt ist.

Transparenz ist ein weiteres zentrales Element selbstverwalteter Teams. Alle relevanten Informationen werden offen geteilt, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder auf dem gleichen Stand sind und informierte Entscheidungen treffen können. Dies trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden und die Effizienz zu steigern.

Selbstverwaltete Teams sind auch durch eine ausgeglichene Verteilung von Führungs- und Verantwortungsaufgaben gekennzeichnet. Es gibt keine festen Hierarchien oder zentralen Führungspersonen; stattdessen übernimmt jedes Teammitglied verschiedene Rollen und Aufgaben entsprechend seinen Fähigkeiten und Interessen. Diese Rollen können sich im Laufe der Zeit ändern, um den dynamischen Bedürfnissen des Teams gerecht zu werden.

Vorteile von selbstverwalteten Teams in Kanzleien

Selbstverwaltete Teams bieten für Kanzleien eine Vielzahl von Vorteilen, die über die reine Effizienzsteigerung hinausgehen und zur langfristigen Verbesserung der Arbeitsweise und der Mitarbeiterzufriedenheit beitragen können.

Erhöhte Flexibilität und Reaktionsfähigkeit: 

Kanzleien, die auf selbstverwaltete Teams setzen, profitieren von einer erheblichen Flexibilität. Diese Teams sind in der Lage, schnell auf Veränderungen in den rechtlichen Anforderungen oder den Bedürfnissen der Mandanten zu reagieren. Da sie Entscheidungen autonom treffen, können sie Anpassungen und Verbesserungen in Echtzeit umsetzen, ohne auf die Genehmigung einer zentralen Führungskraft warten zu müssen.

Verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung: 

Selbstverwaltete Teams fördern ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Autonomie, was zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit führt. Anwälte und Mitarbeiter fühlen sich mehr in den Entscheidungsprozess eingebunden und haben die Möglichkeit, ihre Arbeit nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dies trägt nicht nur zu einer besseren Arbeitsatmosphäre bei, sondern kann auch die Fluktuation verringern und die langfristige Bindung an die Kanzlei stärken.

Steigerung der Produktivität und Effizienz: 

Durch die Übernahme von Verantwortung und die Selbstorganisation der Arbeit können selbstverwaltete Teams effizienter arbeiten. Die Teams haben einen besseren Überblick über ihre eigenen Prozesse und können Optimierungen schneller umsetzen. Dies führt oft zu einer höheren Produktivität und einer effektiveren Nutzung der Ressourcen innerhalb der Kanzlei.

Förderung von Innovation und Kreativität: 

Selbstverwaltete Teams schaffen ein Umfeld, das Innovation und Kreativität begünstigt. Da die Teammitglieder die Freiheit haben, neue Ansätze und Lösungen auszuprobieren, können sie innovative Wege finden, um rechtliche Herausforderungen zu bewältigen und den Service für die Mandanten zu verbessern. Diese Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des Experimentierens kann der Kanzlei einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Verbesserte Zusammenarbeit und Teamdynamik: 

Die Zusammenarbeit innerhalb selbstverwalteter Teams wird durch den gemeinsamen Entscheidungsprozess und die offene Kommunikation gestärkt. Die Teammitglieder arbeiten eng zusammen, um Ziele zu erreichen und Herausforderungen zu meistern. Dies fördert nicht nur den Zusammenhalt, sondern auch eine positive Teamdynamik, die sich positiv auf die gesamte Kanzlei auswirkt.

Erhöhte Transparenz und Verantwortlichkeit: 

Da alle Teammitglieder Zugang zu relevanten Informationen haben und gemeinsam Entscheidungen treffen, wird die Transparenz innerhalb der Kanzlei erhöht. Diese Offenheit fördert das Vertrauen und die Verantwortlichkeit, da jeder weiß, wie und warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. Dies kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und die Effizienz zu steigern.

Stärkung der individuellen und kollektiven Entwicklung: 

In selbstverwalteten Teams haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, verschiedene Rollen auszuprobieren und neue Fähigkeiten zu entwickeln. Dies trägt nicht nur zur persönlichen Weiterentwicklung bei, sondern auch zur kollektiven Stärke des Teams. Die kontinuierliche Lern- und Verbesserungskultur stärkt die Kompetenz der Kanzlei und bereitet sie auf zukünftige Herausforderungen vor.

Schritte zur Implementierung selbstverwalteter Teams in Kanzleien

Die Einführung selbstverwalteter Teams in Kanzleien erfordert einen durchdachten Ansatz. Hier sind einige Schritte, die Kanzleien unternehmen können, um diese Arbeitsweise erfolgreich zu integrieren:

  1. Festlegung eines Teamsponsors: Der Teamsponsor ist eine Schlüsselperson, die das Team von der Gründung bis zur vollständigen Autonomie begleitet. Diese Person fungiert als Vermittler zwischen dem Team und der Kanzlei, stellt sicher, dass die Teamziele mit den Unternehmenszielen übereinstimmen, und schützt das Team vor externen Eingriffen. Der Sponsor sollte über ausreichende Erfahrung und Interesse an der Teamgründung verfügen.
  2. Definieren des Teamauftrags: Es ist entscheidend, dass die Ziele und der Auftrag des Teams klar definiert sind. Die Teammitglieder sollten die Vision und den Auftrag auf der Grundlage der übergeordneten Ziele der Kanzlei entwickeln. Dies fördert ein starkes Gefühl der Eigenverantwortung und Ausrichtung auf die gemeinsamen Ziele.
  3. Festlegung von Autonomiegrenzen: Kanzleien sollten die Grenzen der Autonomie klar definieren. Dies umfasst den Umfang der Entscheidungsbefugnisse des Teams und die Bereiche, in denen externe Eingriffe notwendig sind. 
  4. Sicherstellung der erforderlichen Fähigkeiten: Selbstverwaltete Teams benötigen eine Vielzahl von Soft Skills wie Empathie, Kommunikation, Anpassungsfähigkeit und Verantwortlichkeit. Kanzleien sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter über diese Fähigkeiten verfügen oder Unterstützung bei der Entwicklung erhalten.
  5. Aufstellung von Regeln und Verfahren: Die Definition klarer Regeln und Verfahren ist unerlässlich. Dies umfasst die Festlegung von Leistungsindikatoren, Rollen und Verantwortlichkeiten sowie Entscheidungsprozesse. Leistungsindikatoren sollten den Geschäftswert messen und nicht nur die individuelle Produktivität.
  6. Bereitstellung von Ressourcen und Unterstützung: Es ist wichtig, dass das Team Zugang zu den notwendigen Ressourcen, Schulungen und Unterstützung hat. Der Teamsponsor sollte sicherstellen, dass das Team alle Hindernisse beseitigen kann, die seine Fortschritte behindern.
  7. Förderung des kontinuierlichen Lernens und der Mitarbeiterentwicklung: Regelmäßiges Feedback und kontinuierliche Verbesserung sind entscheidend für den Erfolg selbstverwalteter Teams. Die agile Retrospektive und regelmäßige Feedback-Runden können helfen, die Teamleistung zu bewerten und Verbesserungen vorzunehmen.

SCRUM als Praxisbeispiel für selbstverwaltete Teams in Kanzleien

Ein herausragendes Beispiel für agiles Arbeiten ist das SCRUM-Framework, das ursprünglich aus der IT-Welt stammt, aber zunehmend auch in anderen Branchen, einschließlich Kanzleien, Anwendung findet.

SCRUM als agiles Ideal

SCRUM, ein Begriff, der aus dem Rugby stammt und die Zusammenarbeit in einem Team beschreibt, steht für ein agiles Vorgehensmodell, das darauf abzielt, flexibel und eigenverantwortlich auf Veränderungen zu reagieren. Im Kontext der Kanzleien bedeutet dies, dass Teams nicht mehr nur durch starre Hierarchien und festgelegte Prozesse geleitet werden, sondern vielmehr durch selbstorganisierte, agile Arbeitsmethoden.

Das SCRUM-Framework bietet einen strukturierten Rahmen, der es Teams ermöglicht, effektiv und effizient zusammenzuarbeiten. Es basiert auf der Idee, dass durch regelmäßige, kurze Arbeitszyklen – sogenannte Sprints – und kontinuierliches Feedback die Arbeit iterativ verbessert werden kann. Diese Methode hilft dabei, die Komplexität von Projekten zu reduzieren und sich schnell an neue Anforderungen anzupassen.

Unterschiedliche Verantwortungen im SCRUM-Framework

Im SCRUM-Framework gibt es klar definierte Rollen, die für eine effektive Zusammenarbeit und Selbstorganisation innerhalb der Teams sorgen. Zu diesen Rollen gehören:

  • Scrum Master: Die dienende Führungskraft, die dafür verantwortlich ist, dass das Team das SCRUM-Framework korrekt anwendet und Hindernisse beseitigt, die den Fortschritt beeinträchtigen könnten. In einer Kanzlei könnte dies jemand sein, der sicherstellt, dass das Team effizient arbeitet und sich an die agilen Prinzipien hält.
  • Product Owner: Diese Person ist für den wirtschaftlichen Erfolg des Projekts verantwortlich. Sie sorgt dafür, dass die Anforderungen des Mandanten verstanden und priorisiert werden. In einer Kanzlei wäre dies vergleichbar mit einem Partner, der die strategischen Ziele des Mandats festlegt und die Richtung vorgibt.
  • Entwickler: Die Teammitglieder, die die eigentliche Arbeit leisten. In einer Kanzlei könnten dies die Steuerberater, Anwälte oder andere Mitarbeiter sein, die an den Mandaten arbeiten und ihre Expertise einbringen.

Events statt Meetings

Im SCRUM-Framework werden regelmäßige „Events“ statt Meetings abgehalten, um den Fortschritt zu überprüfen und die nächsten Schritte zu planen. Diese Events sind gezielt darauf ausgelegt, die Zusammenarbeit und Effizienz zu fördern:

  • Sprint Planning: Zu Beginn jedes Sprints trifft sich das Team, um die zu erledigenden Aufgaben zu planen. Hier wird festgelegt, was innerhalb des nächsten Zeitraums erreicht werden soll.
  • Daily Scrum: Ein tägliches kurzes Treffen, in dem jedes Teammitglied berichtet, was es seit dem letzten Meeting erreicht hat, welche Hindernisse es gibt und was als nächstes geplant ist. Dies fördert die Transparenz und hilft dem Team, schnell auf Probleme zu reagieren.
  • Sprint Review: Am Ende eines Sprints wird überprüft, was erreicht wurde und welche Anpassungen notwendig sind. Dies sorgt dafür, dass die Arbeit kontinuierlich verbessert und an die aktuellen Anforderungen angepasst wird.
  • Sprint Retrospective: Ein Treffen, bei dem das Team reflektiert, was gut gelaufen ist und was verbessert werden kann. Dies ist eine Gelegenheit für kontinuierliches Lernen und Verbesserung.

Fazit

Selbstverwaltete Teams bieten Kanzleien die Möglichkeit, Agilität, Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Durch klare Ziele, angemessene Autonomie und kontinuierliche Unterstützung können Kanzleien erfolgreich selbstverwaltete Teams implementieren. Der Weg zu einer selbstorganisierten Arbeitsweise ist herausfordernd, aber die Vorteile für die Kanzlei und ihre Mitarbeiter sind erheblich. Mit Geduld und Engagement können Kanzleien eine Kultur schaffen, in der Selbstorganisation und gemeinschaftliche Entscheidungsfindung zur Norm werden.