Das Zeitalter der KI ist angebrochen. ChatGPT und Co. revolutionieren schon jetzt den Arbeitsmarkt, aber kann KI auch in der Steuerberatung eine Hilfe sein? 

Mit Auslaufen des letzten Jahres ist das KI-Sprachmodell ChatGPT auf den Markt gekommen. Sofort waren Millionen Menschen registriert und integrierten das Chatsystem als nützlichen Helfer bei allen möglichen Fragen in ihren Alltag. Nicht lange hat es gedauert, bis sich erste Skepsis breit machte. Zuletzt wurde die Chat- Software ChatGPT sogar genutzt, um bei den vergangenen Abiturprüfungen zu schummeln.  Allerdings hat die KI-Evolution bisher auch einige positive Dinge hervorbringen können. So werden momentan beispielsweise so viele Start-up Unternehmen mit KI-Unterstützung gegründet, wie nie zuvor. Wir wollen uns fragen, wo die KI-Entwicklung mittlerweile angekommen ist und welche Anfänge es in der Steuerberatung zu verbuchen gibt, um die KI-gestützte Arbeit in den Arbeitsalltag mit einzubinden. In weiteren Artikeln zum Thema KI in der Steuerberatung soll es im Anschluss auch um Chancen und Risiken dessen gehen sowie um die Frage nach Datenschutz und ethischen Aspekten. Auch ein Beispiel zur Anwendung soll zeigen, wie KI in der Solarbranche bereits genutzt wird. 

KI – Was ist das? 

Wenn wir im Alltag von Künstlicher Intelligenz sprechen, dann denkt man doch immer zuerst an die Bilder aus bestimmten Filmen oder Serien, in denen Roboter Persönlichkeitszüge entwickeln und den Menschen in seinem Können ein- und überholen. Nicht selten wird die KI deshalb auch als potenzielle Gefahr für die Menschheit dargestellt. In Wirklichkeit sieht das ein wenig anders aus. KI war bisher eher in etwas versteckter Form in unserem Alltag vorhanden. Etwa, wenn Menschen auf Fotos automatisch erkannt werden oder Sie Siri oder Alexa eine Frage stellen. Mit ChatGPT hat sich das nun geändert und KI ist erstmals aktiv für uns abrufbar. 

Eine allgemeingültige Definition ist eher schwierig zu finden. Im Deutschen wird allerdings zwischen starker und schwacher KI unterschieden. Schwache KI meint dabei Algorithmen, die Aufgaben bearbeiten können, deren Lösungswege sie vorher selbstständig erlernt haben. Starke KI hingegen ist eine Maschine, die Probleme genereller Art lösen kann. Letztere existieren bisher nicht, die bisher entwickelten KI-Systeme werden daher als „schwache KI“ bezeichnet. Darüber lässt sich KI zum besseren Verständnis in folgende verschiedene Bereiche aufteilen: 

  • Artificial Intelligence: Entwicklung intelligenter Maschinen, die menschliche Intelligenz nachahmen oder übertreffen können und sollen.
  • Machine Learning: Ein Teilbereich der KI, wobei Maschinen lernen, teilweise vorhandene Informationen zu lernen, diese in einem weiteren Schritt zu verbessern und daraufhin Vorhersagen zu treffen. 
  • Deep Learning: Hierbei werden Schichten von neuronalen Netzen verwendet, um bestimmte Daten zu verarbeiten und darauf basierende Entscheidungen zu treffen. 
  • Generative AI: Hierbei geht es um die Erstellung neuer Inhalte, sei es auditiver, visueller oder schriftlicher Art, anhand von vorhandenen Daten 

Aktueller Stand und Einsatz in anderen Branchen 

Entgegen den Erwartungen ist KI in der Arbeitswelt noch verhältnismäßig gering verbreitet. Auch der von vielen Seiten erwartete und teils gefürchtete schnelle Wandel hat nicht in dem Maße eingesetzt, wie angenommen. Vielmehr werden KI-Tools momentan eher langsam und für bestimmte Anwendungsfälle eingeführt. Der Grund dafür ist die Kosten-Nutzen-Abwägung für die Unternehmen. Das mögliche Innovationspotenzial steht (noch) nicht im Verhältnis mit den Kosten für die Entwicklung und Implementierung der KI-Tools. Wenn KI bereits eingesetzt wird, dann zumeist in Großunternehmen zur KI-gestützten Automatisierung. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 wird bei nur knapp 6 % der Unternehmen in Deutschland KI in Produktion, Dienstleistungen oder internen Prozessen angewendet. Hiervon wird KI nur bei 12 % als wesentlicher Teil des Geschäftsmodells bezeichnet. Das Einsatzspektrum von KI bezieht sich momentan auf Bereiche der Datenanalyse, der Produktentwicklung und Fertigung sowie im Materialmanagement, der Personalisierung von Werbung oder der Kundenbetreuung. 

Nicht nur in der Steuerberatung lassen sich Anfänge der KI-Nutzung verzeichnen, auch andere Branchen haben bereits den Auftakt gemacht. Nachfolgend einige Beispiele: 

  • Zur Verbesserung der Abläufe bei der Flugabfertigung: Die Lufthansa-Tochter City-Line setzt zur Analyse, Koordinierung und Optimierung von allen Abläufen, die für den Flugzeugstart von Nöten sind eine Software ein, die dabei hilft, die Prozesse besser zu verstehen, Probleme absehen zu können und rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. 
  • Zur Vermeidung von Überproduktion in Bäckereibetrieben: Einige Bäckereibetriebe setzen eine KI-Software ein, um Einkauf, Produktion, Verkauf und Personaleinsatz effizient planen zu können. So wollen sie gegen Fachkräftemangel, steigende Input-Preise und Lebensmittelverschwendung gewappnet sein.
  • Zur Bearbeitung von Anträgen im Versicherungsfall: Eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse nutzt seit 2019 ein KI-System zur Ermittlung möglicher Regressfälle, also mögliche Rückgriffe auf einen Schuldner nach Kostenübernahme. 

Bedeutung der KI für die Steuerberatung 

KI spielt eine zunehmend bedeutsame Rolle in der Steuerberatung und revolutioniert die Art und Weise, wie Steuerexperten ihre Aufgaben bewältigen. Durch den Einsatz von KI-Technologien können Sie als Steuerberater effizienter arbeiten, da Sie repetitive Aufgaben automatisieren können, wie die Datenerfassung, -analyse und die Erstellung von Steuererklärungen. Darüber hinaus ermöglicht KI eine schnellere und genauere Identifizierung von steuerlichen Optimierungsmöglichkeiten und potenziellen Risiken. Dennoch ersetzt KI nicht Ihre menschliche Expertise, sondern ergänzt sie, indem sie Sie dabei unterstützt, fundierte und strategische Lösungen für Ihre Kunden zu entwickeln.

Herausforderungen und Chancen 

Es gibt verschiedene KI-Disziplinen. Darunter Maschinelles Lernen, Process Mining, Informationsextraktion, Wissensmanagement sowie Sprachverarbeitung. Für diese konnten bereits steuerliche Einsatzbereiche identifiziert werden. 

An erster Stelle der KI-Nutzung in der Steuerberatung steht momentan die automatisierte Verarbeitung von steuerrelevanten Massendaten, um die Effizienz der Kanzleien zu erhöhen. Auch sind viele steuerliche Aufgaben manuelle, sich wiederholende Tätigkeiten, was für den Einsatz von KI als perfekte Voraussetzung gilt. 

Nicht zu unterschätzen sind allerdings auch die Herausforderungen, die die KI-Entwicklung mit sich bringt. Denn zur Entwicklung und Implementierung von KI benötigt es qualifizierte Fachkräfte, die es erst einmal auszubilden gilt. Darüber hinaus haben die meisten Unternehmen noch nicht herausfinden können, wie ihnen KI überhaupt behilflich sein kann. Diese Unterschiede können langfristig zu erheblichen Differenzen im Fortschritt führen und Schwierigkeiten für den Wettbewerb bedeuten. 

Auf diese und weitere Punkte werden wir in folgenden Artikeln weiter eingehen. 

Vorsichtige Anfänge in der Steuerberatung 

Dass die Künstliche Intelligenz die Steuerberaterbranche revolutionieren wird, zu diesem Schluss kamen das „Deutsche Forschungszentrum für künstliche Intelligenz“ und die internationale Steuerberatungsgesellschaft WTS dank ihrer gemeinsam durchgeführten Studie zum Thema konkreter Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien im Steuerbereich. Hierbei ging es hauptsächlich darum, zu untersuchen, welche KI-Technologien standardisierte Aufgaben, aber auch anspruchsvollere Aufgaben übernehmen können. Die Ergebnisse der Studie haben gezeigt, dass die Bereiche der Bearbeitung von Lohn- und Umsatzsteuer, Zoll und Verrechnungspreise gut mit KI bearbeitet werden könnten. 

Eine weitere Möglichkeit, KI in den Arbeitsalltag der Steuerberatung einzubinden, könnte sein, steuerliche Chatbots zu verwenden. Stellt der Mensch dabei eine Frage zur Besteuerung, dann könnte der Chatbot per Sprachausgabe Antwort geben. Die Studie nennt als Beispiel die Frage nach der Steuerquote in Deutschland, die den Anteil der Steuereinnahmen im Verhältnis zur gesamten Wirtschaftsleistung des Landes misst. Darüber hinaus wird KI aber auch das Bewältigen von komplexeren Aufgaben zugetraut. Man spricht beispielsweise bereits von „Tax Assistants“ oder „Tax Clerks“. 

Darüber hinaus könnten durch die KI-Evolution viele Bereiche weitgehend (noch mehr) automatisiert werden. Dadurch können Steuerkanzleien viele Kosten einsparen und auf Qualitätsverbesserungen hinarbeiten.  Als Beispiele  werden unter anderem eine umfassende Dokumentenanalyse, Informationsextraktion, die Bewältigung von Massendaten oder ein passendes Risikomanagement genannt. 

Mögliche Einsatzbereiche von KI in der Steuerberatung – Beispiele

Um Sie mit möglichen Einsatzbereichen vertraut zu machen. Folgen nun einige Beispiele, wie Sie ChatGPT, als momentan bekanntestes KI-Sprachmodell in die Arbeit in Ihrer Steuerkanzlei einbinden können: 

  • Erstellen von Stellenausschreibungen: ChatGPT kann Stellenausschreibungen für Sie verfassen, die Vorschläge zur Formulierung, passende Formatierungen und einen angemessenen Sprachstil beinhalten. Allerdings müssen Sie natürlich darauf achten, dass der Software im Vorhinein alle relevanten Informationen zur Verfügung stellen. 
  • Erstellen von Einspruchsschreiben: Auch im fachlichen Bereich kann Ihnen ChatGPT behilflich sein und kann Ihnen beispielsweise Einspruchsschreiben verfassen. Auch hier werden eine passende Formulierung und Struktur von dem System vorgegeben. Nicht zu vergessen ist hierbei auch, dass Sie das Dokument im Nachgang eigens überprüfen, denn es kommt doch noch immer mal wieder zu Fehlern in der Generierung. 
  • Anforderungen der Unterlagen für die Einkommensteuererklärung: Auch kann ChatGPT Ihnen ein Schreiben zur Anforderung von Unterlagen für die Einkommenssteuererklärung verfassen.  Auch hier sollten Sie allerdings auf fachliche Korrektheit und Fehler in der Rechtschreibung, Zeichensetzung und der Formatierung achten. 

Vorteile der KI-Nutzung in der Steuerberatung 

Einige Vorteile der KI-Nutzung sind die folgenden: 

  • Automatisierung wiederkehrender Aufgaben: KI kann repetitive und zeitaufwändige Aufgaben wie die Erfassung von Buchhaltungsdaten und die Erstellung von Steuererklärungen automatisieren. Dies führt zu einer erhöhten Effizienz und ermöglicht es Ihnen, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren.
  • Schnellere Datenanalyse: KI-basierte Tools können große Mengen an Steuerdaten schnell analysieren und Muster oder Trends erkennen. Dies erleichtert die Identifizierung steuerlicher Optimierungsmöglichkeiten und Risiken für Ihre Mandanten.
  • Genauigkeit und Fehlerreduktion: KI-Systeme sind in der Lage, mit hoher Genauigkeit und Konsistenz zu arbeiten, was das Risiko von menschlichen Fehlern bei der Steuerberechnung und -erklärung reduziert.
  • Proaktive Steuerberatung: Durch den Zugriff auf umfangreiche Daten und die Analyse von Geschäftstrends kann KI Ihnen dabei  helfen, Ihren Mandanten proaktiv steuerliche Planungsempfehlungen zu geben, um ihre finanzielle Situation zu optimieren.

Offene Fragen in Bezug auf KI in der Steuerberatung 

Auch wenn die Entwicklung von KI-Systemen voranschreitet, gibt es einige Fragen, die noch nicht beantwortet sind. Gerade diese bereiten einige Sorgen, wenn es um den breiten Einsatz von KI in der Arbeitswelt und vor allem in der Steuerberatung geht. 

  • Datenschutz und Sicherheit: KI-Systeme verarbeiten oft große Mengen sensibler Finanzdaten. Die Sicherheit dieser Daten ist von entscheidender Bedeutung, und es müssen Mechanismen etabliert werden, um die Privatsphäre der Mandanten zu schützen und die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu gewährleisten.
  • Vertrauen und Transparenz: KI-Modelle können sehr komplex sein und als sogenannte „Black Box“ agieren, was bedeutet, dass es schwierig sein kann, nachzuvollziehen, wie sie zu bestimmten Ergebnissen oder Empfehlungen gelangen. Es ist wichtig, das Vertrauen der Steuerberater und Mandanten in die KI-Algorithmen zu stärken und sicherzustellen, dass sie transparent und erklärbar sind.
  • Haftung und Verantwortung: Wenn Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Verwendung von KI auftreten, wer trägt dann die Verantwortung? Es müssen klare Haftungsregelungen definiert werden, um potenzielle Risiken angemessen zu verteilen.
  • Ethische Aspekte: KI-Systeme werden von Daten trainiert, die menschliche Vorurteile und Verzerrungen enthalten können. Es ist wichtig sicherzustellen, dass diese Voreingenommenheit nicht in die Steuerberatung einfließt und dass ethische Richtlinien für den Einsatz von KI festgelegt werden.

Diese und weitere Fragen gilt es im Laufe der KI- Entwicklung und fortschreitenden Spezialisierung zu klären. In unseren nächsten Artikeln soll auch hierauf vertieft eingegangen werden. 

Abwägung

Wie Sie sehen, gibt es bereits viele positive Aspekte, die mit der KI-Nutzung für die Arbeitswelt und damit auch für die Steuerberatung verbunden werden. Allerdings muss auch anerkannt werden, dass es noch viele ungeklärte Aspekte und Herausforderungen gibt, für die noch kein genauer Umgangsplan entwickelt wurde. Gerade in dieser Anfangsphase sollten Sie bei der Implementierung von KI-Systemen also immer eine Abwägung vornehmen. Zum einen in Bezug auf den Nutzen für Ihre Kanzlei und den mit der Entwicklung und Implementierung der KI-Systeme verbundenen Kosten. Zum anderen sollten Sie auch immer die Sicherheit der Daten Ihrer Mandanten garantieren können, hinter denen die Innovation Ihrer Kanzleiprozesse wenn nötig zurückstehen sollten. 

Fazit

Wir befinden uns im Jahr 2023, das Jahr in der die Entwicklung von KI- Systemen einen regelrechten Boom erfahren hat und es auch weiterhin tut. Eine anfängliche Skepsis hat sich bisher nicht verflüchtigt und besteht auch weiterhin, dennoch haben viele Unternehmen und Branchen die Möglichkeiten, die einem durch die unterstützende Zuhilfenahme von KI-Systemen geboten werden, erkannt und angefangen, diese zu ihrem Vorteil zu nutzen. Auch in der Steuerberatung gibt es erste Anfänge, die zeigen, dass KI durchaus hilfreich bei der Abwicklung des Alltagsgeschäfts sein kann.