Bereits zum 1. Januar dieses Jahres gelten die gesetzlichen Regelungen für das besondere elektronische Bürger- und Organisationspostfach, das sog. eBO. Mithilfe des eBO können Bürgerinnen und Bürger sowie Organisationen ab sofort Dokumente und Unterlagen auf dem elektronischen Weg sicher und zuverlässig mit der Justiz austauschen. Damit hat die Digitalisierung auch endlich Eingang in die Justiz gefunden.
Im heutigen Kurzartikel informieren wir über das elektronische Bürger- und Organisationspostfach, erklären, wie es funktioniert, wer es nutzen kann und wie Nutzer ihr persönliches Postfach einrichten können.
Wozu ein elektronisches Bürger- und Organisationspostfach?
Die Digitalisierung schreitet in jedem Bereich des öffentlichen Lebens unaufhörlich voran – nicht nur werden Unternehmen und Betriebe branchenübergreifend digitaler, vielmehr versuchen auch staatliche Organisationen und Behörden digitale Arbeitsabläufe umzusetzen. So auch das Rechtswesen und die Justiz. Mit dem im Dezember 2020 veröffentlichten Gesetzesentwurf zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs wurde bereits ein wichtiger Schritt in Richtung digitaler Justiz getan. Das elektronische Bürger- und Organisationspostfach soll hierbei nun eine wichtige Rolle einnehmen, ermöglicht das eBO den Austausch elektronischer Dokumente sämtlicher Verfahrensbeteiligter mit den Gerichten und nicht mehr nur Anwälten, Notaren oder Behörden. Denn mit dem eBO erhalten auch Dolmetscher, Sachverständige und sonstige Personengruppen die Möglichkeit, Dokumente und Unterlagen digital einzureichen und zu empfangen.
Elektronischer Rechtsverkehr: Diese digitalen Postfächer der Justiz gibt es
Doch das eBO ist nicht das erste digitale Postfach, das in der Justiz zum Einsatz kommt. Anwaltskanzleien, Notare und Behörden haben bereits eigene Postfächer, die dem elektronischen Bürger- und Organisationspostfach ähnlich sind. So in etwa das beA (=besonderes elektronisches Anwaltspostfach), das beN (=besonderes elektronisches Notarpostfach) und das beBPO (=besonderes elektronisches Behördenpostfach).
Sowohl beA als auch beN und beBPO sind Bestandteile des sog. EGVP, des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs, das es bereits seit 2004 gibt.
Wie funktioniert das eBO?
Ebenso wie die im vorigen Abschnitt erwähnten Postfächer stellt das elektronische Bürger- und Organisationspostfach einen sicheren Übertragungsweg zwischen allen Beteiligten dar. Bürger und Organisationen nutzen das eBO also, um über eine Schnittstelle zum EGVP sicher mit den Gerichten kommunizieren zu können.
Mit welchem Aufwand lässt sich das eBO implementieren?
Ziel des Gesetzgebers ist es, den Erfüllungsaufwand des elektronischen Bürger- und Organisationspostfachs so gering wie möglich zu halten, sodass Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft und Verwaltung diese schnell und einfach implementieren können.
Erfüllungsaufwand Bürgerinnen und Bürger
- Nutzung des eBO ist nicht verpflichtend
- Nutzung ist kostenfrei
- Der Gesetzgeber rechnet durch die Nutzung der digitalen Prozesse mit einer Sachkosteneinsparung von 7,5 Mio. €/ Jahr
Erfüllungsaufwand Wirtschaft
- Nutzung des eBO ist nicht verpflichtend
- Für die Nutzung fällt einmalig zwischen 50€ und 70€ an
- Der Gesetzgeber rechnet durch die Nutzung der digitalen Prozesse mit einer Sachkosteneinsparung von 1,2 Mio. €/ Jahr
Erfüllungsaufwand Verwaltung
- Nutzung des eBO ist nicht verpflichtend
- Für die Nutzung fällt eine Einmalzahlung sowie jährliche Zahlungen an
- Der Gesetzgeber recht mit einer Einsparung von 15 Mio. €/ Jahr auf Seiten der Gerichte
Wie richte ich mein persönliches eBO ein und was brauche ich dafür?
Um das elektronische Bürger- und Organisationspostfach nutzen zu können, wird zunächst eine bestimmte Software benötigt. Nutzer haben dabei die Wahl zwischen Governikus COM Vibilia eBO Edition, Mentana Gateway und Procilon eBO. Erstere und letztere stehen ab dem 01. Juli 2022 zur Verfügung. Mentana Gateway kann bereits jetzt genutzt werden.
Ist eine Software ausgewählt und installiert, kann ein Postfach angelegt werden. Es folgt eine Identifizierung/ Verifizierung, die Privatpersonen einfach über die Online-Ausweisfunktion des neuen Personalausweises regeln können. Organisationen können dagegen elektronische Sigel nutzen. Sollte kein elektronisches Identifizierungsmittel zur Verfügung stehen, können Nutzerinnen und Nutzer sich bei einem Notar identifizieren – auch hierfür stellt die Software die notwendigen Unterlagen zur Verfügung.
Schritt-für-Schritt zum elektronischen Bürger- und Organisationspostfach
Nutzergruppe a: Bürger und juristische Personen
- Software auswählen und installieren
- Postfach anlegen
- Elektronischer Identitätsnachweis
- Automatische Freischaltung des Postfachs
Nutzergruppe b: Insolvenzverwalter, Betreuer, Sachverständige mit abweichender Adresse
- Software auswählen und installieren
- Postfach anlegen
- Elektronischer Identitätsnachweis
- Automatischer Briefversand mit PIN
- Eingabe des PIN
- Automatische Freischaltung des Postfachs
Nutzergruppe c: Formkaufleute, Verbände, Gewerkschaften und Vereine
- Software auswählen und installieren
- Postfach anlegen
- Manuelle Identifizierung über den Notar
- Prüfung der Angaben durch den Notar
- Übermittlung des Prüfergebnisses durch den Notar
- Maschinelle Auswertung der Daten
- Automatische Freischaltung des Postfachs
Vorteile des elektronischen Bürger- und Organisationspostfachs auf einen Blick
- Zeit- und Kostenersparnis
- Möglichkeit zur elektronischen Weiterverarbeitung
- Sichere und zuverlässige Übermittlung von Daten
- Digitale Kommunikation für sämtliche Verhandlungsbeteiligte, nicht mehr nur Anwälte, Notare oder Behörden
- Effizientere Verfahrensbearbeitung