Ein Gedanke der tief in unserer Gesellschaft verankert ist, ist das Bedürfnis, sich bei allem, was man tut mit anderen zu vergleichen. Im privaten Leben vielleicht nicht immer die beste Idee. Im unternehmerischen Sinne allerdings, gibt es keine bessere Vorgehensweise, um das Verbesserungspotenzial Ihres Unternehmens zu identifizieren. Das Grundprinzip des Benchmarkings orientiert sich an einem simplen Prinzip: „Learn from the Best! Was steckt dahinter und warum ist es gerade für Steuerberater so wichtig?
Alles auf Anfang
Beim Benchmarking geht es grundsätzlich darum die eigenen Produkte, Dienstleistungen und Prozesse mit mehreren Unternehmen zu vergleichen, um so identifizieren zu können, inwieweit sich diese von den eigenen unterscheiden, ob diese Unterschiede gerechtfertigt sind oder ob es Verbesserungspotenzial gibt.
Auf Deutsch bedeutet „benchmark“ so viel wie „Maßstab“ oder „Vergleichswert“ und ist ein aus dem Vermessungswesen entliehener Begriff. Bezogen auf den Unternehmensvergleich ist die Benchmark also regelmäßig das Unternehmen, welches auf dem Markt am besten abschneidet.
Benchmarking und Konkurrenzanalyse
Jede Konkurrenzanalyse ist Benchmarking aber nicht jedes Benchmarking ist auch eine Konkurrenzanalyse. Beim Benchmarking können sowohl unternehmensinterne als auch branchenexterne Vergleichsgrößen herangezogen werden. Heißt, dass das Benchmarking erlaubt, im Gegensatz zur Wettbewerbsanalyse, auch Vergleiche aufzustellen, die sich dem direkten Wettbewerbsumfeld entziehen.
Der Benchmarking-Verhaltenskodex- Regeln für Mitspielende
Der Verhaltenskodex des Benchmarkings versteht sich wie eine Art Spielanleitung, die in beide Richtungen gleichermaßen Wirkung ausstrahlt und zu einem gewissen Verhalten aufruft. Dieser besteht aus einzelnen Grundprinzipien:
Das Austauschprinzip
Hierbei geht es darum, einen ausgeglichenen Informationsfluss zu garantieren. Das bedeutet, dass jede Partei dazu angehalten wird, das Maß an Informationen bereitzustellen, welches ihr vom Gegenüber offengelegt wird.
Das Vertrauensprinzip
Das Vertrauensprinzip versteht sich eigentlich von selbst. Beim Benchmarking werden wertvolle Informationen preisgegeben. Beide Parteien müssen darauf vertrauen dürfen, dass diese nicht ohne Genehmigung an außenstehende Dritte weitergegeben werden.
Das Nutzungsprinzip
Das Nutzungsprinzip schließt sich an das Vertrauensprinzip an. Hiernach erstreckt sich die Nutzungserlaubnis der erhaltenen Informationen lediglich auf den vorher gesteckten Rahmen und untersagt die Weitergabe an unbefugte Dritte.
Das Risiko der Datenoffenlegung
Trotz des Verhaltenskodex geht jedes Unternehmen natürlich ein gewisses Risiko ein, wenn es im Rahmen des Benchmarkings wertvolle Daten preisgibt. Deshalb gibt es verschiedene Schutzmaßnahmen, die jedes Unternehmen vornehmen sollte.
Zuerst sollte sichergestellt werden, dass auch wirklich nur Daten offengelegt werden, die eine gewisse Relevanz für das Benchmarking haben. In einem weiteren Schritt ist es wichtig, dass alle Informationen durch Datenschutzregelungen vor dem Zugriff unbefugter Dritter geschützt werden. Auch Zugriffskontrollen für vereinzelte Personen können ratsam sein.
Die verschiedenen Definitionsansätze
Das Benchmarking- Prinzip findet in verschiedenen Dimensionen Anwendung, wofür jeweils einzelne Definitionen formuliert wurden.
Internal- Benchmarking
Beim internen Benchmarking bleibt der Prozess eine gänzlich unternehmensinterne Angelegenheit. Es geht hierbei darum, die eigenen Prozesse und Strukturen mit anderen Abteilungen bzw. Unternehmensbereichen zu vergleichen. Im Fokus steht hier die Steigerung der eigenen Effizienz, sowie die Kundenzufriedenheit.
Competitive- Benchmarking
Beim Competitive- Benchmarking werden Unternehmen aus der gleichen Branche miteinander verglichen, weshalb es auch oft als Wettbewerbs- Benchmarking bezeichnet wird. Sinn und Zweck ist es die eigene Position im direkten Wettbewerbsumfeld zu analysieren.
Generic Benchmarking
Das Generic- Benchmarking oder auch Best- Practice- Benchmarking genannt, ist branchenübergreifend orientiert. Der Grund ist, dass sich in anderen Branchen möglicherweise bestimmte Methoden oder Prozesse etabliert haben, die auch in der eigenen Branche, unter Vornahme einiger Anpassungen Anwendung finden könnten.
Die Arten des Benchmarkings
Die verschiedenen Definitionsansätze beantworten die Frage, mit wem mein Unternehmen den Vergleich sucht. Die verschiedenen Benchmarking Arten hingegen, definieren, was verglichen wird.
Produktbenchmarking
Wie der Name schon sagt, werden bei dieser Vorgehensweise die verschiedenen Produkte der Unternehmen verglichen. Ziel ist dabei die Reduzierung der anfallenden Produktionskosten oder aber die Produktverbesserung.
Prozessbenchmarking
Im Gegensatz zum Produktbenchmarking steht beim Prozessbenchmarking der gesamte Arbeitsprozess im Fokus.
Strategiebenchmarking
Das Strategiebenchmarking konzentriert sich auf die angewandte Unternehmensstrategie entweder des Wettbewerberumfelds oder des Best- Practice- Unternehmens.
Performance- Benchmarking
Beim Performance- Benchmarking werden lediglich einzelne Key-Performance- Indikatoren miteinander verglichen.
Der Benchmarking- Prozess
Der Prozess des Benchmarkings unterteilt sich in 4 verschiedene Phasen:
Planungsphase
In der Planungsphase muss zuerst festgelegt werden, was verglichen werden soll und mit wem der Vergleich angestrebt wird. Möchte man einen bestimmten Prozess, oder ein einzelnes Produkt vergleichen? Und soll dieser Vergleich lediglich unternehmensintern aufgebaut, oder doch unternehmens- oder gar branchenübergreifend angelegt werden?
Erhebungsphase
In dieser Phase geht es um die Frage, wie man die notwendigen Informationen erheben kann. Möglichkeiten bieten beispielsweise eine Desk- Research oder verschiedene Expertengespräche
Analysephase
In der Analysephase kommt es darauf an, die erhaltenen Informationen so zu verallgemeinern, dass sie als Vergleichsgegenstand dienen und in konkrete Handlungen umgesetzt werden können.
Umsetzungsphase
Letztendlich geht es darum, das gewonnene Wissen in das eigene Unternehmen zu implementieren und somit das volle Potenzial auszuschöpfen.
Was gibt es speziell beim branchenübergreifenden Vergleich zu beachten?
Strebt man einen Vergleich an, der über die Grenzen der eigenen Branche hinausgeht, gibt es einige zusätzliche Dinge zu beachten.
Zu Beginn ist es wichtig zu überprüfen, ob bei den ausgewählten Unternehmen relevante Vergleichspunkte zu finden sind. Auch bestehen in verschiedenen Branchen zudem unterschiedliche Branchenstandards, die bei Missachtung eine Verfälschung des Vergleichs verursachen können.
Wenn schon die Branche der Unternehmen unterschiedlicher Natur sind, dann sollte umso mehr darauf Acht gegeben werden, dass sie sich in Größe und Umfang ähneln. Zu viele Unterschiede können einen Vergleich unnötig erschweren.
Das Agieren in verschiedenen Branchen verlangt es von den Unternehmen oft Geschäftsmodelle zu entwickeln, die genau auf das Branchenumfeld abgestimmt sind. Die hieraus entstehenden Besonderheiten der einzelnen Akteure müssen beachtet werden.
Benchmarking für Steuerberater? Warum das?
Mit Benchmarking verfolgt so gut wie jedes Unternehmen das Ziel, eigene Verbesserungspotenziale zu entdecken und zu implementieren. Für Steuerberater gibt es darüber hinaus weitere Gründe, die für den Einsatz von Benchmarking sprechen.
Der Gesetzgeber wird nie müde, neue Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zu verabschieden, mit welchen sich sowohl Rechtsanwälte als auch Steuerberater stetig konfrontiert sehen. Aus diesem Grund stehen sie mehr als andere in der Pflicht fortlaufend am Puls der Zeit zu bleiben. Und hier kommt das Benchmarking ins Spiel. Denn dadurch kann sichergestellt werden, dass ein Unternehmen immer auf dem neusten Stand ist und von den aktuellen Entwicklungen Kenntnis hat, um in einem zweiten Schritt effektiv mit notwendigen Änderungen zu reagieren. Diese Änderungen können den Prozess selbst betreffen, personeller Natur sein oder auf technische Notwendigkeiten eingehen.
Lohnt sich der Branchenvergleich auch für Kleinunternehmen? Was ist zu beachten?
Definitiv! Gerade kleinere Unternehmen profitieren sehr häufig vom Branchenvergleich. Auch sie müssen sich für eine stetige Verbesserung Ihrer Arbeitsweise und Strategien einsetzen. Durch den Branchenvergleich erlangen kleinere Steuerberatungskanzleien einen breitgefächerten Einblick in die Arbeitsweise anderer Branchen.
Gerade für sie kann dies von Vorteil sein, da sie häufig mit begrenzten Ressourcen arbeiten und trotzdem versuchen müssen, mit den „Großen“ Schritt halten zu können. Eben diese fehlenden Ressourcen sind möglicherweise gerade in anderen Branchen zu finden. Das Benchmarking für kleinere Steuerberatungskanzleien kann zeigen, dass die Größe eines Unternehmens nicht zwingend mit dessen Fähigkeiten gleichzusetzen ist. Kleinere Unternehmen können ebenso über fundiertes Fachwissen verfügen und in der Lage sein, neue Ansätze und Methoden umzusetzen.
Das Benchmarking im Rahmen der strategischen Planung
Welche Lehren lassen sich aus dem Benchmarking ziehen?
Es gibt mehrere Lehren, die man als Steuerberater aus dem Benchmarking- Prozess mitnehmen kann.
Zum Beispiel gelangt man durch das Benchmarking zu dem Schluss, dass Wettbewerber zwar Konkurrenten sind, man aber trotzdem viel voneinander lernen kann. Mehr noch, durch den Vergleich können alle Teilnehmenden neue Erkenntnisse sammeln, die größere Erfolge mit sich bringen und letztendlich den Wettbewerb untereinander stärken. Auch zwingt das Benchmarking jedes Unternehmen stetig am eigenen Wachstum zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Gerade für Steuerberater ist es ein wichtiges Tool, da man nicht Gefahr läuft aktuelle Branchentrends und neue Regelungen zu übersehen.
Wie gut sind Ideen und Ergebnisse von anderen Kanzleien auf die eigene übertragbar?
Die Übertragung von Erkenntnissen anderer Unternehmen im Rahmen eines Benchmarking- Prozesses ist nicht immer ohne weiteres möglich. Es gibt einige Faktoren, die hierbei beachtet werden müssen.
Ist ein Unternehmen beispielsweise in einer anderen Branche tätig, sollten vor der Übernahme die gegebenen Unterschiede analysiert werden. Auch die Größe, sowie die geografische Lage eines Unternehmens können Einfluss auf diesen Prozess haben. Bei letzterem sind beispielsweise regionale Unterschiede besonders zu beachten. Wichtig sicherzustellen ist zudem, ob das Unternehmen über die notwendige Offenheit verfügt, neue Herangehensweisen in die Unternehmensstrategie zu implementieren.
Wie können Quartalmeetings dabei behilflich sein?
Die Umsetzung einer aus dem Benchmarking gewonnenen Strategie kann ein langwieriger Prozess sein. Deshalb ist es sinnvoll, diese in regelmäßigen Meetings der Diskussion zu öffnen. So kann der Fortschritt begleitet und eventuell notwendige Anpassungen vorgenommen werden. Ganz nach dem Prinzip: „Vier Augen sehen mehr als zwei“ ermöglichen Quartalmeetings darüber hinaus auch die Identifizierung von möglichen Problemen, für die dann gemeinsam an Lösungsansätzen gearbeitet werden kann.
Fazit
Benchmarking stellt eine gute Möglichkeit dar, noch unentdeckte Verbesserungspotenziale im eigenen Unternehmen aufzudecken. Je nach gewünschtem Ergebnis gibt es verschiedene Vergleichsoptionen, die jeweils einen unterschiedlichen Fokus haben. Um einen erfolgreichen Vergleich zu garantieren ist es darüber hinaus wichtig zu definieren, was den Vergleichsgegenstand darstellen soll. Auch bezogen auf die einzelnen Akteure gibt es bestimmte Verhaltensregeln, die unbedingt eingehalten werden müssen.
Gerade für Steuerberaterkanzleien kann ein solcher Vergleich von großem Nutzen sein, da sie hierdurch verhindern können, dass Neuregelungen oder neue Methoden verpasst werden und somit ihre Marktposition verschlechtert . Für kleinere Unternehmen bietet das Benchmarking die Chance, sich mit Unternehmen zu vergleichen, die normalerweise nicht mit ihnen im direkten Wettbewerb stehen.